Begrüßung
Sehr verehrte Gäste,
manchmal dauert es etwas länger und unsere Geduld wird, wie im richtigen Leben, auf eine lange Probe gestellt. So haben wir, der Städtische Konzertchor Winfridia, schon einmal dieses wunderbare Werk „Die Jahreszeiten“ von Joseph Haydn vorbereitet. Die Ereignisse, die im frühen Jahr 2020 dann alles veränderten, zwangen uns damals dazu, unser lang ersehntes Konzert kurzfristig abzusagen. Viel Arbeit war mit der Rückabwicklung des damals vorbereiteten Konzertes verbunden. Einiges ist seitdem geschehen und hat die Sichtweise auf so manches verändert. Doch nun ist es so weit und ich freue mich heute ganz besonders, Sie, verehrte Gäste, an diesem Abend zu unserem Konzert „Die Jahreszeiten“ von Joseph Haydn, begrüßen zu können.
Joseph Haydn sagte einmal: „Da Gott mir ein fröhliches Herz gegeben hat, wird er mir schon verzeihen, wenn ich ihm fröhlich diene.“Diese Einstellung Haydns zur Musik und zum Leben zieht sich wie eine goldene Schnur durch sein imposantes Werk. Jede dieser, in seinem Stück musikalisch vertonten, Jahreszeiten wirkt durch seine Texte und die Art der Komposition einzigartig. Von zart-fröhlich bis eindringlich-bombastisch, ja geradezu „schmetternd“ ist, wie im Verlaufe eines Jahres, alles dabei. Genauer betrachtet, besticht dieses Stück durch die Einzigartigkeit seiner besonderen Stimmungen. Carsten Rupp, der musikalische Direktor unseres Chores, hat uns mit viel innovativer Fröhlichkeit dieses Stück nähergebracht. Nach viel intensiver Probenarbeit sind wir nun in die Welt Haydns eingetaucht.
Durch den heutigen Abend geleiten das Würzburger trazom Orchester, drei hervorragende Solisten – Kathrin Zukowski (Sopran), Theodore Browne (Tenor) und Jens Hamann (Bariton) – sowie der Städtische Konzertchor Winfridia.
Eines der bekanntesten Zitate von Joseph Haydn ist wohl der Satz: „……meine Sprache versteht man durch die ganze Welt.“ Es ist tatsächlich die Musik, die überall auf unserer Welt die Herzen und Gefühle der Menschen höherschlagen lässt und von jedem verstanden wird und die uns in den unterschiedlichen Jahreszeiten unseres Lebens stetig begleitet.
So möchte ich Sie an diesem heutigen Abend einladen, sich gemeinsam mit uns auf eine Zeitreise durch das Jahr zu begeben. Durchleben wir „Die Jahreszeiten“ im gemeinsamen Verstehen und Fühlen, wie es nur die Musik vermag.
Wir wünschen Ihnen einen unvergesslichen und kostbaren musikalischen Abend.
Genießen Sie das Konzert.
Herzlich, Ihre
Susanne Haskamp. 1. Vorsitzende
Joseph Haydn „Die Jahreszeiten“
Nachdem Joseph Haydn 1798 mit seiner „Schöpfung“ große Erfolge feiern konnte, schrieb er auf Drängen seines Librettisten, des Barons van Swieten, ein zweites Oratorium: „Die Jahreszeiten“. Doch Haydn soll sich mit der Komposition sehr schwergetan haben, denn er benötigte fast zwei Jahre für die Fertigstellung des Werkes, für Haydn eher ungewöhnlich. Das mag einerseits an dem schlechten Gesundheitszustand des inzwischen fast siebzigjährigen Komponisten gelegen haben. Andererseits aber sorgte van Swieten immer wieder für Empörung bei Haydn. Schon die Textvorlage, für die van Swieten eine eigene Übersetzung des englischen Versepos‘ von James Thomsons nutzte, soll Haydn stellenweise für wenig gelungen gehalten haben. Dass sich aber der Librettist, der gleichzeitig auch der Geldgeber war, in die Kompositionsarbeit einmischte, war für Haydn neu und führte verständlicherweise zu heftigen Auseinandersetzungen. Hinzu kam sicher auch der gefühlte Erwartungsdruck, nach der erfolgreichen „Schöpfung“ ein weiteres grandioses Werk präsentieren zu müssen.
Die Uraufführung am 24. April 1801 im Palais Schwarzenberg in Wien, von Haydn persönlich geleitet, war durchaus erfolgreich. Dennoch konnten „Die Jahreszeiten“ in der Folgezeit nicht an den großen Ruhm der „Schöpfung“ anknüpfen. Darauf angesprochen, soll Haydn gesagt haben: „Die Jahreszeiten sind keine zweite Schöpfung, denn in dem einen singen die Engel und in dem anderen die Bauern.“ Das wirkte wie eine Entschuldigung für ein vermeintlich nicht so gelungenes Werk. Bis heute steht Haydns zweites Oratorium eher im Schatten der „Schöpfung“, was vor allem auf die Textvorlage van Swietens zurückgeführt wird. Die Fokussierung auf die Naturidylle im Jahreskreis, die heute vielleicht etwas bieder wirkt, traf schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts nicht den Zeitgeschmack. Ein Werk mit diesem Sujet, noch dazu ohne richtige Handlung, entsprach so gar nicht der damaligen Vorstellung von einem Oratorium. Typisch für dieses Genre waren vielmehr Motive aus der antiken Mythologie oder christliche Szenen. Erst der Schlusschor, dessen Textgrundlage von dem Baron van Swieten selbst stammt und keine Übersetzung ist, stellt diesen christlichen Bezug her, indem die Bedeutung des Jahreskreises und der Natur für den Menschen in einen größeren Zusammenhang gesetzt wird.
Doch bei genauerem Hinsehen kann sich aus den eher kantatenhaft aneinandergereihten Teilen, den Rezitativen, Arien und Chören durchaus eine Geschichte entspinnen:
Synopsis
Der Schauplatz ist vielleicht ein Dorf in einem sanft hügeligen Landstrich Niederösterreichs, dort, wo auch Haydn lebte. Der Schauplatz könnte aber auch in der Nähe des Schwarzen Moors in der Rhön sein. Ganz sicher aber spielt sich das Geschehen auf dem Bauernhof eines Pächters namens Simon ab.
Der Frühling
Simon, seine Tochter Hanne und der fesche Jungbauer Lukas beobachten angstvoll, wie der strenge Winter samt grässlichem Gefolge (Sturm und Schnee) gerade heulend zum Nordpol entflieht – ein lauer Südwind vertreibt ihn mit Frühlingsluft.
Das ganze Dorf formiert sich zu einem Chor und versucht, die Sache ein wenig zu beschleunigen. Während sich die Frauen in ausgesprochenem Optimismus der Freude über die eintreffenden linden Lüfte ergeben, unken die Männer und warnen vor möglicherweise doch noch eintreffenden (Nacht-) Frösten.
Simon protokolliert minutiös, wie die Sonne die Winterreste beseitigt, holt den Pflug aus dem Schuppen und eilt aufs Feld. Dabei kommt er nicht umhin, sich und seine Arbeit mit Hilfe einer sehr eingängigen Melodie in höchsten Tönen zu loben.
Lukas bewundert ihn gebührend und regt an, den Himmel nun auch um entsprechendes Frühlingswetter mit genügend Regen, lauen Winden und reichlich Sonnenschein zu bitten.
Die drei Protagonisten vereinen sich mit dem ganzen Dorf zu eben solchem Gebet und werden prompt erhört. Frühlingwiesen, grüne Wälder, Lämmer, Fische, Vögel und natürlich Bienen (wohl auch im Sinne menschlicher Frühlingsgefühle) erfreuen alle von Herzen.
Simon mahnt, darüber nicht den Dank an jenen zu vergessen, dem Nahrung und sonstige Freuden letztendlich zu verdanken sind. Deshalb stimmen alle in einen Dankchor an Gott ein.
Der Sommer
Lange vor Tagesanbruch schon sind Simon und Lukas aufgestanden, um ihr Tagwerk auf den Feldern in Angriff zu nehmen. Die letzten Nachtvögel sind noch zu hören. Der Ruf eines Eichelhähers verkündet aber bereits den nahenden Sonnenaufgang. Währenddessen treibt ein Hirte geduldig seine Schafherde auf die grünen Wiesen. Hanne ist schon wach und besingt die Morgenröte.
Das Naturschauspiel des Sonnenaufgangs berührt alle und deshalb besingen ihn auch die übrigen Dorfbewohner – nicht ohne einen gebührenden Lobpreis Gottes.
Nun geht es aber an die Arbeit, denn die Ernte will eingebracht werden. Alle müssen mit anfassen und es ist ein wahrlich ein buntes Gewühl. Dann aber ist das Getreide mit der Sichel abgemäht und zu festen Garben gebunden.
Gegen Mittag wird die Hitze schier unerträglich, sengend, glühend. Das Licht flirrt und fast scheint es über den trockenen Feldern zu qualmen – oder ist das gar eine Fata Morgana? Welke Blumen, dürre Wiesen und trockene Quellen lassen Mensch und Tier schmachten.
Zum Glück gibt es aber Schutz im Schatten der Wälder. Dort locken weiches Moos, manch lustig plätscherndes Bächlein und duftende Kräuter zu einer erholsamen Mittagsruhe (allein oder zu zweit).
Nach der größten Hitze und von leisen Lüftchen und kaltem Bächlein erfrischt, treten Simon, Hanne, Lukas und die Dorfleute aus dem Wald, um weiterzuarbeiten.
Es ist jedoch schwül und die Wolken ballen sich dunkel zusammen. Nachdem anfänglich nur leise und in weiter Entfernung ein rollender Donner zu hören war, bricht urgewaltig ein Unwetter los. Als würde die Welt untergehen, wüten Gewitter und Sturm. Die Dorfleute rennen durch die sintflutartigen Regenfälle um ihr Leben, suchen Schutz und schreien lauthals nach Hilfe und Rettung.
Als sich das Gewitter verzogen hat, beruhigt sich die Natur und die Tiere verstummen langsam – es ist Abendruhe. Auch die Menschen bereiten sich auf die Nacht vor und es mag erstaunen, wie offensiv die einen zum Folgen auffordern und die anderen der Aufforderung Folge leisten. Über das, „was in jener Sommernacht geschah“, nachdem die Abendglocke geläutet hat, schweigt der Librettist.
Der Herbst
Auf Simons Hof ist die Ernte eingebracht. Beim Anblick des aufgetürmten Ertrags in seiner großen Scheune strömt Freude durch seine Brust. Es zeigt sich, wie die Natur den fleißigen Bauern lohnt – das ist doch einen Lobgesang auf „den edlen Fleiß“ wert.
Nun habe alle auch mehr Zeit, die Natur zu genießen. Die Jüngsten machen sich über die Obstbäume her – die nur wenig Älteren nutzen die Zeit für die Brautschau oder wenigstens einen kurzen Flirt mit den Städterinnen und Städtern, die einen Ausflug aufs Land machen. Endlich geben aber auch Hanne und Lukas zu, wie ‚verschossen‘ sie ineinander sind. Sie schwören sich gegenseitig ihre Liebe, die auch noch Bestand haben wird, wenn alle Blätter der Bäume abgefallen sein werden und die verbliebenden Früchte welk sind.
Derweilen sieht Simon, wie einige Wildtiere die letzten Reste der Nahrung auf den Feldern suchen. Solange sie nicht in seine Scheune eindringen, ist es ihm recht. Vorsichtshalber geht er aber mit den übrigen Dorfbewohnern auf die Jagd und erlegt mit Blitz und Knall so manchen Vogel und Hasen.
Der Landesherr ist ebenfalls auf der Jagd. Mit laut gellenden Hörnern und einer bellenden Hundemeute hat er offensichtlich einen prächtigen Hirsch im Visier. Dieses Spektakel lassen sich die Dorfleute nicht entgehen und kommentieren – fast wie auf einem Fußballplatz der heutigen Zeit – die wilde Jagd, die letztendlich mit dem freudigen „Halali“ der Jäger endet.
Mit der Weinlese nähert sich der Herbst seinem Höhepunkt und kaum ist der Most fertig, beginnt ein ausgelassenes Fest. Mit Pfeifen und Trommeln, Fideln und Leiern und sogar einem Dudelsack wird zum Tanz aufgespielt. Im weiteren Verlauf der Feier geraten das Spielen, Singen und Tanzen zu einem ziemlichen Durcheinander.
Der Winter
Hanne, Simon, Lukas und die ganze Dorfgemeinschaft sind heilfroh, im Warmen zu sitzen. Erschauernd schildern sie einander, wie schlimm es jetzt dort draußen ist: Die Finsternis, die Kälte und der Frost, die Schneemassen, die erstarrten Flüsse und gefrorenen Seen sind eine wahrlich öde Wüste.
Lukas hat eine besonders schaurige Fantasie: Er erzählt von einem Wanderer, der sich da draußen im hüfthohen Schnee verirrt hat. Halb erfroren und von Angst erschöpft, verlässt ihn aller Mut. Der Schimmer eines Lichts lässt urplötzlich sein Herz pochen.
Beim Näherkommen entpuppt es sich als hell erleuchtetes Fenster und als der Wind kurz nachlässt, kann er sogar Stimmen hören. Durchs Fenster sieht er, wie die Dorfgemeinschaft im trauten Kreis bei munteren Gesprächen beisammensitzt, die Männer Körbe und Netze flechten und die Frauen an Rocken und Spinnrad arbeiten.
Außerdem hört er Hannes Lied von einem Schleier, der vom weiblichen Busen nicht zu viel und nicht zu wenig bedecken soll: gerade so viel, um noch als sittsam zu gelten und heiratswilligen Männer trotzdem gewisse Lockungen zu versprechen – eine Gradwanderung zwischen moralischen und amourösen Notwendigkeiten, bei der alle mitsprechen bzw. mitsingen können.
Zum Abschluss des Abends, nachdem die Arbeiten verrichtet sind, trägt Hanne eine kleine Ballade vor: Ein Edelmann verspricht einem Mädchen vom Lande das Blaue vom Himmel. Sie hat jedoch eine sehr klare Ahnung, worum es ihm eigentlich geht. Geschickt lenkt sie ihn ab, schwingt sich auf sein Pferd und lässt ihn stehen. Ob diese Geschichte autobiographisch ist, erfährt man wegen des schallenden Gelächters der Dorfgemeinschaft nicht.
Simon stimmt das Lied jedoch nachdenklich und er sinniert darüber, wie ähnlich sich doch der Jahreslauf und das Leben sind. Er fühlt sich alt und sieht den bleichen Winter als (sein) offenes Grab. Wenn auch die Jugend flüchtig ist, begleitet die Tugend durch Jammer oder Freude bis zu dem höchsten Ziele.
Wie nach dem Winter wieder Frühling wird, richtet er seinen Blick auf den großen Morgen, an dem sich die Himmelpforten öffnen, der heilige Berg erscheint und des Lebens Winterstürme vergangen sind – ein ewiger Frühling. [1]
Die Musik
So gesehen, haben auch die „Jahreszeiten“ alles, was ein großes Oratorium braucht: Handlung und hervorragende Musik. Denn die Komposition ist Haydn tatsächlich grandios gelungen. Mit dem ihm eigenen Witz hat er den naturalistischen Text an vielen Stellen tonmalerisch in Szene gesetzt: Fast schon blendend hell ist der Sonnenaufgang zu erleben, ein Gewitter zieht heran und entlädt sich bedrohlich, ein von einem Jäger geschossener Vogel fällt herunter, beim Weinfest zecht und juchzt alles durcheinander und nicht zuletzt feiert man am gemütlichen Winterabend das vergangene Jahr mit zum Teil amourösen Aussichten auf das kommende. Sofort zu erkennen ist das ironische Zitat aus seiner sogenannten Sinfonie mit dem Paukenschlag (1791), mit dem er Simon flötend über den Acker schlendern lässt. Sein Textdichter Gottfried van Swieten hatte für diese Stelle eine Melodie aus einer populären Oper eines Konkurrenten gefordert, worauf der beleidigte Haydn erwiderte: „Mein Andante ist so gut und so bekannt als irgend ein Lied aus jenen Opern.“ Darüber hinaus spielt Haydn meisterlich mit „alten“ musikalischen Vorbildern. So beweist er wirkungsvoll, dass auch er die Komposition von Fugen und den kraftvollen Einsatz des Chores beherrscht, wie man es von Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel kennt. Gleichzeitig ist er wegweisend für Neues: Wenn der Sommer in einer alles verdorrenden, bleiernen Hitze gipfelt, die sich in einem stürmischen Unwetter entlädt, dann wird Musik zu Bildern, wie es erst später Richard Wagner in der Oper „Der fliegende Holländer“ umgesetzt hat.
Carl Friedrich Zelter, selbst Komponist und Freund Goethes, hat es in einem Brief an Joseph Haydn 1804 so ausgedrückt:
„Sie haben kein Werk hervorgebracht, woran man Ihr hohes Alter bemerket. Ihre Jahreszeiten sind ein Werk jugendlicher Kraft und alter Meisterschaft. Gott befohlen!“
Das Instrumentarium
Ein nicht unwesentlicher Grund für diese herausragende Wirkung seiner Musik ist die Virtuosität, mit der Haydn die klanglichen Möglichkeiten der damals üblichen klassischen Orchesterinstrumente nutzte. Doch wie muss man sich diesen Klang vorstellen und worin liegen die wesentlichen Unterschiede zu der heutigen Aufführungspraxis? Hier einige Beispiele:
Die typische Orchesterbesetzung der Klassik umfasste ca. 30 Musiker, was im Vergleich zu heute eher wenig ist. Generell wurden die Orchesterinstrumente tiefer gestimmt als aktuell üblich. Der Stimmton lag bei ca. 430 Hertz im Vergleich zu den heutigen 443 Hertz. Damit klangen insbesondere die Streicher weicher und „leise, aber mit süßer Schärfe“ (Harnoncourt 1982). Obwohl die Streichinstrumente zur Zeit der Klassik noch mit Darmsaiten bespannt waren, klangen sie keineswegs leiser als jene mit Stahl- oder Kunststoffsaiten. Auch das Vibrato als Spieltechnik war längst nicht so verbreitet wie heute. Dadurch war das Klangvolumen zwar eingeschränkter, gleichzeitig trat aber die Intonation klarer hervor.
Die Blechblasinstrumente (Horn, Trompete) hatten noch keine Ventile, sodass man darauf nur die Naturtöne spielen konnte. Damit war das zur Verfügung stehende Tonspektrum deutlich begrenzt. Erst 1813 wurden erstmals beim Horn Ventile verwendet und es dauerte noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts, bis sich der Wechsel vom Naturhorn zum modernen Instrument durchgesetzt hatte. Das gilt ebenso für die Trompete.
Für die Holzblasinstrumente charakteristisch ist, dass die zu spielenden Töne durch das Öffnen und Schließen der Grifflöcher erzeugt werden. Der Tonumfang eines Instrumentes konnte erweitert werden, indem alle nicht originär als Grifflöcher gebohrten Tonhöhen mit Hilfe von sogenannten „Gabelgriffen“ gespielt werden, was aber meist mit einem schwächeren Klang verbunden ist. Abhilfe sollten weitere Grifflöcher schaffen, die aber durch ein Klappensystem verschlossen werden müssen, da die Anzahl der Finger zum Greifen begrenzt ist. Im Orchester der Wiener Klassik hatten die Holzblasinstrumente einige wenige Klappen. Man experimentierte aber auch mit Veränderungen im Querschnitt der Instrumente. Das Ergebnis war ein differenzierter Klang und eine hohe Farbigkeit, die mit heutigen Instrumenten kaum nachzuahmen ist.
Erst Theobald Böhm gelang es – übrigens in enger Verbindung mit dem Fuldaer Instrumentenbauer Thomas Mollenhauer, dem Sohn des Firmengründers Johann Mollenhauer – eine Klappenmechanik für Flöten und Klarinetten zu konstruieren, mit der man jeden chromatischen Ton spielen konnte.
Zur Standardbesetzung des klassischen Orchesters zählte in der Regel auch ein Tasteninstrument, meist das Cembalo, wie es auch Haydn in seinem Oratorium „Die Jahreszeiten“ vorsieht.
Die Frage, wie eine Komposition zu ihrer Entstehungszeit geklungen hat, rückt heutzutage immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses. Nicht umsonst konnte sich in den letzten Jahrzehnten eine Welle der „historischen Aufführungspraxis“ auf allen Konzertpodien etablieren.
Auch in dieser Aufführung spielt das Orchester auf historischen Instrumenten, sodass das Publikum die Gelegenheit hat, einen möglichst authentischen Eindruck von der Klangvielfalt und der Farbigkeit der Musik Haydns zu erhalten.
Die Ausführenden
Kathrin Zukowski
Die lyrische Sopranistin Kathrin Zukowski studierte Gitarre und Gesang an der Hochschule für Musik in Detmold, anschließend im Master Oper/Musiktheater an der Theaterakademie August Everding in München. Im Rahmen des Studiums war sie in Johann Adolf Hasses Artaserse zur Eröffnung des Markgräflichen Opernhauses in Bayreuth sowie bei der Münchner BIENNALE 2018 in der Uraufführung False Good News – Alles klappt von Ondřej Adámek im Residenztheater München zu hören. An der Kammeroper München gab sie ihr Rollendebüt als Fiordiligi in Così fan tutte. 2018-2020 war sie Mitglied im Opernstudio der Oper Köln, wo sie u. a. Marzelline (Fidelio), Musetta (La Bohème) und die Contessa (La Scuola dei Gelosi) gab. Seit der Spielzeit 2020/21 ist sie festes Ensemblemitglied der Oper Köln und war dort bereits als Pamina (Die Zauberflöte), Gretel (Hänsel und Gretel), Susanna (Le Nozze di Figaro), Micaëla (Carmen) und als Konstanze in der Studioproduktion Die Entführung aus dem Serail zu erleben. In der Spielzeit 2022/23 sang sie neben Konstanze und Musetta u.a. die Infantin in Der Zwerg und debütiert als Kleopatra in Giulio Cesare in Egitto. Zuletzt sang sie im Rahmen einer Neujahrskonzertreihe mit dem Tonkünstler Orchester Niederösterreich u.a. im Musikverein Wien.
Theodore Browne
Der Tenor Theodore Browne wurde in Manchester geboren und wuchs als Sohn englischer und südafrikanischer Eltern in Deutschland auf. Zu seinem breitgefächerten Repertoire
gehören u. a. Werke von Rossini und Mozart, Bach, Britten und Donizetti.
Seit 2012 ist er Student in der Klasse von Prof. Thomas Heyer an der Hochschule für
Musik in Frankfurt. Im Rahmen seines musikalischen Werdegangs erhielt er bei
verschiedenen Engagements, Wettbewerben und Meisterkursen wertvollen Input, u. a.
durch Helmut Deutsch, Ernesto Palacio, Nayden Todorov, Eugen Wangler, Luca Canonici
und Raina Kabaivanska. Zudem wird er gesanglich von Camilla Ueberschaer betreut.
Der Tenor gastiert erfolgreich bei Festspielen und an Theatern (z. B. Staatstheater
Darmstadt, Staatstheater Karlsruhe, Konzert Theater Bern) mit Partien wie Don Ramiro,
Alfred, Conte Almaviva und Nemorino. 2021 wurde er im Rahmen des Rossini Opera
Festivals Pesaro zur Accademia Rossiniana Alberto Zedda eingeladen, wo den Conte di
Libenskoff in Il Viaggio a Reims sang.
Auch im Konzertfach ist er international gefragt, vergangene Auftritte führten ihn u.a. zum
Rheingau Musik Festival, nach Schloss Nymphenburg & in den Herkulesssaal nach
München, zu den SWR Festspielen nach Schwetzingen, sowie zum Sopot Festivalsommer
(Polen) und dem Znojmo Music Festival (Tschechien). Im Mai 23 wird er in Istanbul mit
Rossinis Stabat Mater zusammen mit dem Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra zu
erleben sein.
In der Spielzeit 22.23 ist er als Camille de Rossillion in Lehars Die lustige Witwe an der
Oper Wuppertal und als Tamino in Die Zauberflöte, sowie als Ferrando in Cosi fan tutte am
Tiroler Landestheater Innsbruck zu erleben.
Zudem ist er Gewinner und Preisträger mehrerer Wettbewerbe, u. a. des Internationalen
Musikwettbewerbs der Hochschule für Musik und Tanz Köln 2014, des
Bundeswettbewerbs Gesang 2016, des Internationalen Ebe Stignani Competizione Imola
2018, des Internationalen Singing Competition Meistersinger von Nürnberg 2018 und des
Queen Sonia International Music Competition 2019.
Jens Hamann
© Christian Palm
Nach zahlreichen Preisen bei Wettbewerben wurde Jens Hamann Bachpreisträger des XVI. Internationalen Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerbs in Leipzig. Der Bariton konzertierte in den Vereinigten Staaten, Russland, der Tokyo Opera City Concert Hall, dem Oriental Art Center Shanghai in europäischen Musikzentren wie der Berliner Philharmonie, dem Concertgebouw Amsterdam oder dem Parco della Musica Rom, sowie bei herausragenden Festivals wie dem Rheingau Musik Festival, dem Festival Oude Muziek Utrecht und dem Festival de musique de La Chaise-Dieu auf. Eine Fülle von CD-Einspielungen liegt vor, die von der Fachpresse mit dem MIDEM Classical Award, dem Diapason d’Or, dem Preis der deutschen Schallplattenkritik oder dem Pizzicato Supersonic Award gewürdigt wurden. Als Ensemblesänger musiziert Hamann u.a. mit dem SWR Vokalensemble, La Petite Bande und Gli Scarlattisti. Bemerkenswert sind außerdem die Aufführungen aller Vokalwerke Johann Sebastian Bachs beim bis 2022 angelegten Projekt „Bach:vokal“ der Stiftsmusik Stuttgart mit Kay Johannsen. Mit Frieder Bernius arbeitete der versierte Ensemblesänger in einem kontinuierlichen Vokalsolistenprojekt bis zum World Symposium on Choral Music 2020 in Auckland intensiv zusammen. Jens Hamann war Mitglied der Stuttgarter Hymnus-Chorknaben und absolvierte sein Studium in der Gesangsklasse von Rudolf Piernay an der Staatlichen Musikhochschule Mannheim.Am Aufbau des Jugendkonzertchores der Chorakademie Dortmund und der Entwicklung bis zum Gewinn des 1. Preises beim Deutschen Chorwettbewerb 2018 hat Jens Hamann als Mitbegründer seit 2012 maßgeblichen Anteil. Neben der langjährigen erfolgreichen gesangspädagischen Tätigkeit beim Jugendkonzertchor der Chorakademie Dortmund (1. Preis Deutscher Chorwettbewerb 2018 & 1. Bundespreise bei ‚Jugend musiziert‘) präsentierte Hamann als künstlerischer Leiter die Premiere des niederbergisch-märkischen VokalmusikFests in Sprockhövel.
Carsten Rupp
Der gebürtige Fuldaer Carsten Rupp studierte mit künstlerischem und pädagogischem Schwerpunkt an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt und der Akademie für Tonkunst in Darmstadt sowie Kulturmanagement an der Hochschule für Musik und Tanz in Hamburg. Meisterkurse bei Linda Hurst, Richard Wistreich, Frieder Bernius, Kurt Widmer und dem Hilliard-Ensemble ergänzten seine dirigentische und sängerische Ausbildung. Die Zugehörigkeit zu verschiedenen Ensembles des Operetten-, Opern- und Musiktourneetheaterbereichs führten den lyrischen Bariton als Sänger und Solist auf verschiedenste Bühnen und Konzertpodien im In- und Ausland. Seit 2011 ist er Chordirektor des Städtischen Konzertchors Winfridia Fulda und gestaltet mit diesem regelmäßig konzeptionell-innovative und musikalisch-kulturell anspruchsvolle chorsymphonische Konzerte. Außerdem arbeitet er regelmäßig mit der Kantorei und dem Kammerorchester an St. Markus, Frankfurt / Main und bei diversen Chören als Gastdirigent. In den vergangenen Jahren war er u.a. als musikalischer Leiter des Fuldaer Musikalsommers, der musica-europa Marburg, der camerata nuova Wiesbaden und verschiedenen Musik(theater)produktionen in Hamburg, Frankfurt und Köln tätig. Im November 2017 zeichnete ihn die Bundesvereinigung Deutscher Chorverbände mit dem Titel „Chordirektor (BDC)“ aus. Zugunsten seiner dirigentischen Arbeit beschränkt er seine gesangliche Tätigkeit heute auf kammermusikalische Konzerte und unterrichtet an der Musikschule der Stadt Fulda Gesang mit dem Schwerpunkt der klassischen Stimmbildung und des Crossovers sowie Dirigieren. Seit Beginn des Jahres leitet er auch den dortigen Kammerchor „Capannello Vocale“ sowie den neu gegründeten Kinderchor.
Orchester trazom Würzburg
Das trazom orchester hebt unbekannte Schätze der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts, zeigt scheinbar Altvertrautes aus Klassik und Romantik im neuen Licht und steht für den kreativen Dialog von U- und E-Musik des 20. und 21. Jahrhunderts, von Tango bis Avantgarde, Pärt bis Puccini, Strauss bis Sting.
2019 gegründet von Katerina Polishchuk und Stefan Fuchs, spielt das trazom orchester auf historischem und modernem Instrumentarium, was spannungsvolle Programm-Kompositionen ermöglicht. Es begleitet darüber hinaus auch Chöre, Instrumental- und Vokalsolisten bei Konzerten und Aufnahmen. Das trazom orchester ist offen für die Zusammenarbeit mit allen Kunstformen, seien es Literatur, Tanz, Bildende Kunst, Film oder Medienkunst. Ein weiterer Schwerpunkt ist die musikalische Vermittlung für Kinder und Jugendlichen, wofür wir maßgeschneiderte Education-Konzepte erstellen. Das trazom orchester wird gefördert durch das Programm „Neustart Kultur“ vom Bundes-Innenministerium.
Der Name bezieht sich auf Wolfgang Amadeus Mozart, welcher selbst des öfteren seinen Namen rückwärts notierte.
Städtischer Konzertchor Winfridia Fulda
Der Städtische Konzertchor Winfridia ist der einzige weltliche Konzertchor in der Region Fulda und damit einer der wenigen leistungsorientierten Chöre Osthessens. Er zeichnet sich durch seine über 145-jährige Geschichte ebenso aus, wie durch seine immer wieder neu akzentuierten, jedoch stets gleichbleibend anspruchsvollen Konzertprogramme. Der Name des Chores geht auf den Gründer des Klosters Fuldas, Winfried von Crediton – besser bekannt unter dem Namen Bonifatius – zurück. 1876 als katholischer Männergesangverein gegründet, wurde die Winfridia 1928 mit dem Oratorienchor Cäcilia zu einem gemischten Chor zusammengeschlossen. Seit 1948 trägt die Winfridia den Titel „Konzertchor der Stadt Fulda“, der ihr aufgrund „besonderer Verdienste um das musikalische Wirken innerhalb und außerhalb Fuldas“ durch den Magistrat der Stadt Fulda, vertreten durch den damaligen Oberbürgermeister Dr. Cuno Rabe, verliehen wurde. Derzeit gehören dem Konzertchor etwa 60 aktive Sängerinnen und Sänger an. In wöchentlichen Proben sowie Probenwochenenden studieren sie mit viel Leidenschaft und Freude an anspruchsvoller Musik die wechselnden Programme für jährlich mehrere Konzerte ein. Dabei arbeitet der Chor immer wieder mit herausragenden Musikern, namhaften Orchestern sowie Solisten, zusammen. Entsprechend dem „Singakademischen Gedanken“ ist ihnen dabei die Pflege des klassischen Konzertrepertoires ebenso wichtig, wie die Erarbeitung und Vorstellung weniger bekannter und zeitgenössischer Werke. Die Aufführungen „Yunus Emre“ und „Fuldensie II – Hugo Staehle“ wurden daher auch vom Hessischen Rundfunk für das Radioprogramm mitgeschnitten. Mit den Konzerten, die überregional Beachtung finden, verschiedenen Gastspielen und Konzertreisen, u.a. nach Berlin, Italien, Tschechien, Israel und in die Niederlande, ist der Städtische Konzertchor Winfridia Fulda ein musikalisches Aushängeschild der Stadt Fulda und ein herausragender Kulturträger der Region.
[1] Carsten Rupp, unter Verwendung zahlreicher Bilder aus: Sabine M. Gruber: Mit einem Fuss in der Frühlingswiese, Residenz-Verlag St.Pölten – Salzburg, 2009